Vier junge Frauen wurden als Friseurinnen ausgebildet und bei der Eröffnung eines eigenen Salons unterstützt.

Die Zukunft frisieren im eigenen Friseur-Salon

Sie sind jung und gut ausgebildet – aber oft arbeitslos. Zudem reicht der Ackerbau ihrer Eltern kaum für die ganze Familie. Um jungen Erwachsenen in Äthiopien eine Perspektive zu bieten, organisiert Menschen für Menschen in Nono Benja praktische Berufstrainings und hilft den späteren Gründerinnen und Gründern, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Neue Zukunftschancen im eigenen Salon

Bizu Lechisa ist aufgeregt. Nach den langen Wochen der Sommerferien beginnt für die Teenagerin morgen die Schule. Dann trifft sie endlich all ihre Schulfreundinnen, Klassenkameraden und ihre Lehrkräfte wieder. „Dafür möchte ich hübsch aussehen“, sagt sie. Bizu, 16 Jahre, sitzt in einem kleinen Friseursalon auf einem weißen Plastikstuhl.

Bizu Lechisa bekommt ihre Haare von der Friseurin Kuleni Rabuma glatt frisiert
Bizu Lechisa lässt sich ihre Haare glätten.

Ihr Deckhaar ist mit einem Kamm zur Seite gesteckt, der andere Teil fällt feucht auf das Handtuch über ihren Schultern. Eine Friseurin zieht eine Strähne durch das Glätteisen, leichter Dampf steigt empor. „Glatte Haare sind besonders“, begründet Bizu ihre Wahl. Die umgerechnet knapp 2,50 Euro, die sie der Coiffeurin Kuleni Rabuma für die Dienstleistung zahlen muss, erbettelte sie sich bei ihrer Mutter. „Für diese Frisur entscheiden sich aktuell die meisten unserer Kundinnen“, erzählt Kuleni. Sie selbst trägt einen Dutt.

Mit drei anderen jungen Frauen betreibt die 20-Jährige den Salon mitten in Alga, der Hauptstadt des Bezirks Nono Benja, rund 275 Kilometer südwestlich von Addis Abeba. Seit vier Jahren engagiert sich Menschen für Menschen in der Region. Die Stiftung hat Schulen gebaut und Wasserstellen errichtet, Fruchtbaumsetzlinge vermehrt und sie ebenso wie verbessertes Saatgut und holzsparende Öfen an Landwirte verteilt. Und sie schaffte vor allem Einkommensperspektiven für die junge Bevölkerung.

Das Geschick zum Beruf machen

59 Frauen und Männer erhielten praktische Jobtrainings. Einen Monat lang lernten Kulani und die anderen in ihrem Friseurinnen-Workshop beispielsweise über Haarstrukturen und -Pflege, wie sie Glätteisen, Lockenstab und Trockenhaube bedienen und mehr als zehn unterschiedliche Frisuren flechten können, darunter auch solche mit Kunsthaar. Und sie verstanden, als Gruppe Geld zu sparen und Businesspläne zu schreiben.

Traditionell frisieren sich die Frauen in Äthiopien gegenseitig. Haben sie etwas Zeit, hocken sie sich in den Schatten eines Baumes und versuchen sich an neuen Flechtfrisuren. Zwar lernen die Mädchen das Flechten von ihren Müttern, doch in jeder Nachbarschaft gibt es meist eine, die dabei am flinksten und begabtesten ist. So auch Kuleni. Nach ihrem Schulabschluss fand sie keinen Job, für ein Studium reichten ihre Noten nicht aus. Also begann sie, Frauen in ihrer Gemeinde gegen Geld zu frisieren. Zwischen 30 und 40 Cent, verdiente sie dabei pro Sitzung. „Nicht viel, aber ich habe es nicht mehr ausgehalten, nur zuhause rumzusitzen“, erinnert sich Kuleni. Als ihr eine Kundin damals berichtete, dass Menschen für Menschen Jobchancen in Alga schaffen möchte, meldete sie sich bei der Bezirksbehörde als arbeitssuchend. Gemeinsam mit der Stiftung suchte diese die passenden Kandidatinnen und Kandidaten für unterschiedliche Kleinunternehmen aus.

Nach ihrem Training stellte die Kommune Kulenis Gruppe eine kleine Wellblechhütte zur Verfügung, das Equipment bekamen sie von Menschen für Menschen – als Leihgabe, die sie nach fünf Jahren an die nächsten Nachwuchs-Friseurinnen weitergeben müssen. „Bis dahin sollten sie finanziell in der Lage sein, ihren Salon selbst auszustatten“, sagt Fayesa Dejene.

Im Friseursalon von Kuleni Rabuma herrscht viel Betrieb. Sie kümmert sich um Bizu Lechisa.
Menschen für Menschen leiht den Friseurinnen das Equipment für ihren eigenen Salon. Gemeinsam sparen sie darauf, sich ihr eigenes kaufen zu können.

Der Stiftungsmitarbeiter ist für die Kleinunternehmen und für alle Neugründerinnen und -gründer in Nono Benja verantwortlich. „Es gibt im ganzen Projektgebiet heute vier Friseursalons, eine Ziegelsteinproduktion, eine Gruppe, die Seife herstellt, und je zwei, die mit Butter handeln oder Speiseöl herstellen“, zählt er stolz auf. Fayesa besucht die Gruppen mehrmals die Woche, fragt, ob sie Unterstützung brauchen, kontrolliert ihre Anwesenheit, die Buchführung und Kontostände.

Lukrative Angebotsoffensive

Rund 420 Euro haben die Friseurinnen bisher angespart. Wöchentlich zahlen sie die Hälfte ihrer Einnahmen auf ihr Konto ein, den Rest teilen sie sich untereinander für ihren Lebensunterhalt auf. Stehen Festtage vor der Tür, besuchen sie bis zu 30 Kundinnen an einem Tag. „Wenn wir Strom haben“, merkt Kuleni an. Leider fällt der bis heute in Alga regelmäßig aus. Die Trockenhaube können die Friseurinnen dann nicht benutzen, das Glätteisen nur, indem sie es über einem kleinen Feuer erhitzen. Um auch unabhängig vom Stromfluss Geld zu verdienen, möchten die Frauen ihr Angebot in Zukunft erweitern: um Make-up und Maniküre. Auch ein Rundum-Service für Hochzeiten wäre lukrativ, so Kuleni.

Bizus Haare sind fertig. Sie lächelt und streicht sich über ihren Kopf, als sie aus dem schattigen Salon in die Mittagssonne Algas tritt. Zuhause muss sie nun nur noch ihre Schuluniform raussuchen, Stifte und Notizhefte sortieren – dann steht einem guten Anfang ihres Schuljahres nichts mehr im Weg.

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Strähne für Strähne werden die Haare geflochten
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