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Der Bienenmann

Projektgebiet: Kawo Koysha Schwerpunkt: Landwirtschaft

Wie in vielen Regionen Äthiopiens halten sich zahlreiche Familien im Projektgebiet Kawo Koysha eigene Bienenvölker. Doch ihre traditionelle Imkerei wirft kaum Erträge ab und ist gefährlich. Menschen für Menschen organisiert mehrtägige Imker-Trainings, in denen sich die Landwirte weiterbilden – und so bald mit dem flüssigen Gold ihr Einkommen aufbessern.

Beherzt greift Ermias Ero in die matschige Erde unter seinen Füßen, bestreicht damit die Innenseite des Kastens aus  Bambusstöcken vor ihm im Gras. Mit der braunen Masse füllt er die Zwischenräume der Äste. „Verteile alles gleichmäßig“, ermahnt ihn einer der Männer, der wie Ermias Blaumann trägt und neben ihm am Boden hockt. „Unsere Bienen sollen sich darin ja wohlfühlen.“ Gemeinsam mit 13 weiteren Männern haben die beiden am Vortag die Kisten gezimmert – als Teil eines zehntägigen Imker-Trainings, das Menschen für Menschen für sie organisiert hat.

Imker-Training im Projektgebiet Kawo Koysha.
Die Landwirte lernen in einer Schulung, wie die neuen Bienenkörbe mit Matsch verputzt werden.

Die Landwirte lernten in dem Workshop außerdem, wie sie die Kästen sauber halten, die Bienen vor Vögeln und Eidechsen schützen und wie sie die Königin umsetzen und damit das ganze Bienenvolk.

Der Kurs schließt an die Jahrtausende alte Imkertradition Äthiopiens an. Mit geschätzt fünf Millionen Bienenstöcken und einer jährlichen Honigproduktion von mehr als 55.000 Tonnen ist das Land eines der größten Honigproduzenten der Welt. Der Honig wird exportiert, aber vor allem auch für die nationale Produktion des Honigweins Tej genutzt. Für viele Bauern ist die Imkerei eine wichtige Einkommensquelle, obwohl ihre Erträge meist eher mager ausfallen: Ihre traditionellen Bienenstöcke, Korbröhren oder ausgehölte Baumstämme, die hoch in Baumkronen aufgehängt werden, bringen nur wenige Kilogramm Honig. Sie lassen sich außerdem nur einmal nutzen, da sie bei der Honiggewinnung zerstört werden. Die Bauern werden bei der gefährlichen Ernte in luftiger Höhe oft völlig zerstochen oder stürzen sogar.

Um die Honigproduktion sicherer und ertragreicher zu machen, bietet Menschen für Menschen in den Projektgebieten die Imker-Trainings an und stattet die Landwirte mit modernen Bienenstöcken aus, aus denen man die einzelnen Waben herausnehmen kann.

Imker-Training im Projektgebiet Kawo Koysha.
Die Landwirte erhalten zwei moderne Bienenstöcke von der Stiftung.

Sie werfen 20 Kilogramm Honig oder mehr pro Ernte ab und sind wiederverwendbar. Die Bambuskisten sind eine vereinfachte Variante.

Wissen und Mittel

Als Mitarbeitende der Stiftung Menschen für Menschen in den Gemeinden Kawo Koyshas geeignete Landwirte suchten, fiel die Wahl schnell auf Ermias. Das Imkern liegt bei dem 31-Jährigen in der Familie. Sein Großvater hatte eigene Bienenvölker, ebenso sein Vater. „Leider starb er zu früh, um es mir beizubringen“, sagt Ermias. „Ich wusste bisher ehrlich gesagt nicht genau, was ich eigentlich tue.“ Die Qualität seines Honigs schwankte. Das Nebenprodukt, feinstes Bienenwachs, warf Ermias achtlos weg. Er wusste nicht, dass sich damit ein sehr guter Preis erzielen lässt. Hinzu kam, dass Ermias und andere Landwirte in der Umgebung Opfer von Dieben wurden: „Sie kamen in der Nacht, vertrieben mit Rauch die Bienen, zerstörten die Bienenstöcke und nahmen mir den Honig“, berichtet er.

Während der letzten Ernte produzierte Ermias mit seinen verbliebenen drei Bienenstöcken vier Kilo Honig. Er verkaufte sie für 1.000 Birr, umgerechnet rund 17 Euro. Nahezu das einzige Einkommen des Familienvaters, der mit seiner Frau und fünf Kindern in der Gemeinde Zemo lebt. Das Ehepaar baut Mais, Süßkartoffeln, Casava, die Zwerghirse Teff, Zierbananen sowie Bohnen und ein wenig Kaffee an. Nur einen geringen Teil ihrer Ernte verkaufen sie, den Rest nutzen sie selbst. Zudem teilen sie sich die Ernte mit Ermias Mutter. „Dass ich durch das Imkern endlich mehr Geld für meine Familie verdienen kann, wird unser Leben total verändern“, sagt Ermias.

Der letzte Tag des Imker-Trainings ist fast vorbei. „Denkt daran, wenn der Schlamm getrocknet ist, müsst ihr noch eine Schicht Kuhdung hinzufügen“, sagt Trainer Ayele Bekele. „Das ist eine gute Isolierung für die Körbe und er vertreibt Parasiten.“ Ayele ist einer von zwei Mitarbeitenden der örtlichen Landwirtschaftsbehörde, die den Workshop leiten. Menschen für Menschen kümmert sich neben der Auswahl auch um den Transport der Teilnehmenden zur Baumschule der Stiftung, in der der Imkerkurs stattfindet. Jeder der Männer erhält eine Sicherheitsausrüstung bestehend aus Imkerhut und Blaumann sowie zwei moderne Bienenstöcke als Starter-Set.

Modellbauern als Vorbild für andere

Ermias und die anderen  Landwirte sollen, so die Hoffnung von Menschen für Menschen, in ihren Gemeinden zu sogenannten Modellbauern werden. Entwicklungsberater der Stiftung werden sie in den nächsten Wochen intensiv bei den nächsten Imkerschritten begleiten. Außerdem erhalten die Landwirte Avocado-, Papaya- und Kaffeesetzlinge, sowie verbessertes Gemüsesaatgut und Schulungen in Agroforstwirtschaft. „Wenn ihre Nachbarinnen und Nachbarn die Erfolge sehen, wollen sie ebenfalls mit uns zusammenarbeiten“, erklärt der Projektleiter Zerihun Gezahegn. Die Gemeindemitglieder lernen voneinander. „Ich musste ohne das Wissen meines Vaters klarkommen“, sagt Ermias. „Umso wichtiger ist es, dass ich meines nun mit meinen Kindern und dem ganzen Dorf teile.“

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