Manche Patienten brechen von Sträuchern kleine Zweige ab, um damit vor dem Gesicht zu wedeln. Wenn sie das Wedeln unterbrechen, setzen sich sofort Fliegen auf die verklebten Wimpern und in die tränenden Augenwinkel.
In Europa ist das Trachom schon seit vielen Jahrzehnten in Vergessenheit geraten, doch in manchen Landstrichen Äthiopiens sind mehr als die Hälfte der Einwohner von dieser Armutskrankheit betroffen: „Im Hochland herrschen Wassermangel und vielerorts Unwissen“, erklärt Guade Abye, 26, Leiter der Gesundheitsprogramme von Menschen für Menschen im Projektgebiet Borena. „So können sich die Bakterien Chlamydia trachomatis über Fliegen übertragen oder direkt zwischen den Menschen ausgetauscht werden, wenn etwa Mütter die Gesichter ihrer Kinder mit dem immer gleichen Rockzipfel abwischen.“
Die Bakterien infizieren die Bindehaut der Oberlider. Der Körper wehrt sich mit der Bildung von Lymphknötchen. Wenn diese platzen, bilden sich Narben. Dadurch zieht sich das Lid zusammen und rollt sich nach innen. Das kann so weit führen, dass die Wimpern bei jedem Lidschlag an der Hornhaut des Auges scheuern. Wenn dies über Wochen und Jahre geschieht, kann die Hornhaut trübe werden und das Auge schließlich erblinden.