zwei Frauen beim Töpfern

Töpferkurse für Frauen in Mahidere Selam

Projektgebiet: Wogdi
Schwerpunkt: Einkommen

Nach traditionellem Verständnis haben Frauen in Äthiopien viele Pflichten und wenige Rechte. Sie sollen Kinder gebären und sich um ihre Erziehung kümmern. Ihre Aufgabe ist es, den Haushalt zu führen, Essen zuzubereiten und bei Bedarf auf dem Feld mitzuhelfen. Zudem müssen sie lange Fußmärsche für Wasser und Brennholz auf sich nehmen.

Ein eigenes Einkommen haben diese Hausfrauen nicht – und so geraten sie schnell in existenzielle Notlagen, wenn sie, etwa durch eine Scheidung oder den Tod des Ehemannes, gezwungen sind, sich und ihre Kinder allein zu ernähren.

So ging es Fatuma Wale aus dem Dorf Mahidere Selam in der Projektregion Wogdi. Die 35-Jährige hat sich von ihrem Mann getrennt, seither lebt sie mit ihrer 16-jährigen Tochter Marem allein. „Nach der Scheidung haben wir unser Land aufgeteilt“, sagt Fatuma. Sie erhielt einen Viertel Hektar Acker, der nur etwa 50 Kilo Teff (Zwerghirse) im Jahr abwirft. „Wir hatten nie genug zu essen und mussten ständig Verwandte und Nachbarn um Hilfe bitten.“

Also fing Fatuma an, Töpferwaren zu fertigen. „Das hat aber lange gedauert, weil ich keine Töpferscheibe hatte. Zudem waren die Stücke zerbrechlich, weil sie nicht gebrannt wurden.“ Für eine Schüssel zahlten Kunden ihr auf dem Markt nur 10 Birr, rund 40 Eurocent. Ein weiteres Problem war, dass Fatuma den neuen Nebenjob mit dem Verlust ihres Ansehens bezahlte.

Portrait einer Töpferin
Fatuma Wale absolvierte einen Töpferkurs.

In einigen ländlichen Regionen Äthiopiens ist nämlich ein alter Aberglaube noch immer verbreitet: Handwerkern wie Schmieden und Webern, aber auch Töpfern wird der „böse Blick“ nachgesagt. Sie gelten als verflucht und werden ausgegrenzt. „Auf der Straße wenden sich manche Leute ab“, sagt Fatuma. „Aber was sollte ich denn tun? Zuletzt hatte ich auch noch eine Ernte verloren. Das Töpfern war, auch wenn es nicht viel einbrachte, meine letzte Rettung.“

Ziele

Menschen für Menschen hat sich zum Ziel gesetzt, die Lebensbedingungen der Frauen zu verbessern und ihre soziale Stellung zu stärken. Starthilfen für den Aufbau einer wirtschaftlich tragfähigen Existenz sind besonders gut geeignet, den Kreislauf der Armut zu durchbrechen.

Durch einen Kleinkredit von Menschen für Menschen konnte sich die Äthiopierin Mulu Assefa erfolgreich selbständig machen.

Maßnahmen

Fatuma Wale ist eine von zehn Frauen aus Mahidere Selam und Umgebung, die an einem Töpferkurs teilnehmen, den Menschen für Menschen speziell für Frauen anbietet, die ein eigenes Einkommen benötigen, um sich und ihre Kinder zu ernähren. Zwei Monate lang lernen die Frauen, wie man hochwertige Töpferwaren produziert.

Gemeinsam suchen sie die besten Tonsteine der Gegend, schleppen sie in ihre Werkstatt und mahlen sie dort zu feinem Pulver, das sie zu einer weichen Masse anrühren. Anschließend formen sie mithilfe von Töpferscheiben Vasen, Schüsseln oder Kannen, brennen ihre Werke und verzieren sie mit Pinsel und Farbe.

Frauen mahlen Tonsteine zu Pulver.
Töpferkurs in einem von Menschen für Menschen gemieteten Haus.

Ergebnisse

Jeden Samstag stehen die Frauen jetzt auf dem Markt von Mahidere Selam und bieten ihre Waren an. „Man sieht unseren Töpfereien an, dass sie von hoher Qualität sind“, sagt Fatuma Wale. 30 Birr, rund 1,20 Euro, zahlen Kunden ihnen für eine Kanne.

“Und noch etwas hat sich verändert: Seit die Frauen aus dem Töpferkurs gemeinsam auf den Markt gehen, um dort ihre Produkte anzubieten, haben die Anfeindungen abgenommen.”

Vielleicht ist es die Qualität der Waren, die ihnen Respekt einbringt, vielleicht auch ihr selbstbewusstes Auftreten: Fatuma Wale ist sich jedenfalls sicher: „Unsere gute Arbeit und unser Erfolg beweist, dass wir keine schlechten Menschen sind.“

Frau töpfert
Ausbilderin Endadele Azene in ihrem Metier.

Eingesetzte Finanzmittel

Die Ausgaben für einen achtwöchigen Töpferkurs liegen in Wogdi bei rund 217 Euro pro Teilnehmerin. Darin enthalten sind Tagesspesen, Kosten für die Lehrkraft, Trainingsmaterial und ein Zuschuss von 50 Prozent zu einer eigenen Töpferscheibe. 2015 nahmen in Wogdi zehn Frauen an Töpferkursen teil, die Kosten beliefen sich insgesamt auf 2.172 Euro.

Portrait einer Kurs-Absolventin
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