Mutter hält beschützend ihr Kind auf dem Arm

Hoffnung für Dano

Projektgebiet: Dano
Schwerpunkt: Wasser

Malaria, verschmutztes Wasser, Nahrungsmangel: Für die Bauernfamilien im Projektgebiet Dano ist das Leben sehr hart. Doch das Potenzial für ein besseres Dasein ist groß. Durch unsere Unterstützung erhalten die Bauern die Chance, ihre Ernten binnen weniger Jahre zu vervielfachen. 

Plastikschuhe kosten auf dem Markt 15 Birr, umgerechnet 57 Cent – viel Geld für Halea Tadschi. Meist geht die 26-Jährige barfuß, um ihr einziges Paar zu schonen. Aber auch wenn sie die Schuhe trägt, spürt sie die kantigen Steine der Schotterwege unter den dünnen Sohlen bei jedem Schritt.
Halea Tadschi wandert ins Dorf Ajeru. Dort kauft sie mit ihrem mühsam ersparten Geld 25 Kilogramm Mais. Die junge Frau bindet sich den Mais sack mit einem Tuch auf den gebeugten Rücken und marschiert in die acht Kilometer entfernte Stadt Ijaji.

Frau schöpft Wasser an verdrecktem Fluss
Toleschi Turi aus dem Dorf Waji schöpft Wasser aus einem verdreckten Wasserloch.

Dort verkauft sie den Mais für 95 Birr; eingekauft hat sie ihn für 90 Birr. Einen halben Tag voller Strapazen bringen ihr also fünf Birr, 19 Cent. Selbst in Äthiopien ist das ein Kleinbetrag: Drei mal müsste sie die Tour gehen, wenn sie ein neues Paar der billigen Plastikschuhe vom Markt kaufen wollte.

“Ich habe keine andere Möglichkeit, etwas zu verdienen”, sagt die junge Frau auf dem Gehöft der Familie im Dorf Oborsa. An ihrer Schulter schläft Adjibu, eineinhalb Jahre alt, der Kleinste. Der vierjährige Umar und der sieben Jahre alte Elmadin fragen ständig nach Essen. Die Familie baut Mais an, aber das Feld ist zu klein. In den Monaten vor der Ernte müssen die letzten Vorräte rationiert werden. Die Eltern lassen häufig eine Mahlzeit aus, damit die Kinder mehr essen können: “Das ist hart, weil wir schwer arbeiten müssen.” Wenn es ganz knapp wird, müssen auch die Kinder mit leerem Magen einschlafen: “Manchmal essen wir nur einmal am Tag.”

“Ich habe die Schule abgebrochen, um meiner Mutter auf dem Hof zu helfen. Drei Mal am Tag hole ich Wasser an einem 30 Minuten entfernten Wasserloch. Ich hoffe darauf, dass unser Leben durch Menschen für Menschenleichter wird. Dann kann ich wieder zur Schule. Ich möchte Lehrerin werden.”

Toleschi Turi, 15, aus dem Dorf Waji im Projektgebiet Dano

Geschwächte Gesundheit

Die Lebensumstände der Familie sind nichts Ungewöhnliches in Dano. Der Distrikt mit knapp 115.000 Einwohnern liegt rund 230 Kilometer westlich der Hauptstadt Addis Abeba. Hier hat Menschen für Menschen im Jahr 2013 ein neu es Entwicklungsprojekt begonnen.

“Zwei von drei Familien müssen ihre Nahrung rationieren”, sagt Esrael Asfaw, der Projektleiter  in Dano.

Vor Beginn des Entwicklungsprojekts befragten unsere äthiopischen Mitarbeitenden 292 Familien über ihre Lebensumstände. 69 der Familien hatten in den vergangenen zwölf Monaten Nachwuchs bekommen. Sieben der Säuglinge waren im ersten Lebensjahr gestorben – jeder zehnte. Die Todesursachen sind bei Babys ähnlich wie bei der Gesamtbevölkerung: Die Menschen sterben vor allem an Malaria.

Unsere Erfolge in Dano bis 2017
Unsere Hilfe in Dano: In der ersten Projektphase bis zum Jahr 2017 hat Menschen für Menschen in Dano unter anderem die Umsetzung folgender Maßnahmen vorgesehen.

Daneben fordern Lungenentzündungen und durch kontaminiertes Wasser verursachte Diarrhöe zahlreiche Todesopfer – das Immunsystem der Menschen ist aufgrund der mangelhaften Ernährung und der hygienischen Umstände geschwächt. Auch die Kinder von Halea Tadschi leiden etwa einmal im Monat an Magen-Darm-Erkrankungen. “Ich muss das Wasser unten am Fluss holen”, sagt die Mutter.

“Mehrmals am Tag gehe ich eine halbe Stunde, um einen großen Kanister zu füllen.” Sie weiß, dass sie das Wasser abkochen müsste. “Aber ich habe einfach keine Zeit und Kraft, soviel Brennmaterial herbeizuschaffen.” Es gibt kaum noch Wald, schon jetzt betreibt sie ihr offenes Kochfeuer mit trockenen Maisstängeln. Der dichte Qualm beißt in den Augen, verursacht Husten. Neben der Feuerstelle steht das aus Bambus zusammengebundene Bett der Eheleute. Die größeren Kinder schlafen im Vorderraum der Hütte auf einem Strohsack. Dort hat auch das Vieh seinen Platz. “Unsere einzige Kuh mussten wir verkaufen, um Saatgut und Kunstdünger zu kaufen”, sagt Halea Tadschi.

Das Potenzial ist riesig

Weder sie noch ihr Ehemann waren je in einer Schule. Sie erwirtschaften nur ein winziges Einkommen, trinken schmutziges Wasser, ernähren sich überwiegend von Mais und haben auch davon zu wenig: Wie sieht wirksame Hilfe angesichts so grundlegender Probleme aus? “Wir müssen Brunnen graben und Quellen fassen”, sagt Projektleiter Esrael. “Vor allem aber müssen wir Wissen bringen. Wir wollen die Menschen schulen, wie sie größere Ernten bekommen. Es gibt genug Regen: Das Potenzial ist riesig!” Ohne die Verbesserung der Land Wirtschaft seien alle anderen Maßnahmen wie Schulbauten vergebliche Mühe. “Mit verbessertem Saatgut bekommen die Bauern die Chance, ihre Ernten in den kommenden Jahren zu verdrei- oder vervierfachen.”

Erfolg ist ansteckend

Entwicklungsberater der Äthiopienhilfe gehen in alle 42 Dörfer des Distrikts und arbeiten dort mit sogenannten Modellbauern zusammen. “Das sind Pioniere, die wissbegierig sind und als Erste neue Techniken ausprobieren”, erklärt der Projektleiter. Ihr Erfolg soll ansteckend wirken: “Die anderen Dorfbewohner werden die neuen Anbauprodukte und Methoden übernehmen.”

Ein paar Hundert Meter vom Gehöft von Halea Tadschis Familie entfernt liegt der Hof von Modellbauer Elias Kadir.

Anbau unterschiedlicher Obst- und Gemüsesorten
Elias Kadir baut gleichzeitig verschiedene Anbau- produkte auf dem gleichen Stück Land an. So wird er seinen Ertrag beträchtlich steigern.

Gerade hat er eine Latrine errichtet, wie von Menschen für Menschen empfohlen. “Wenn alle Familien eine Latrine benutzen, ist die Gefahr geringer, dass Krankheitserreger in Bäche gelangen”, sagt Elias Kadir. Dann führt er die Besucher stolz zu seinem neuangelegten Waldfeldbau.

Die Menschen sind fleißig

Von Elias Kadirs Erfolg hat auch Halea Tadschi gehört.  “Ich  gebe  zu:  Wir  hatten  unsere Zweifel,  als  die  fremden  Experten  zu  uns kamen”, sagt sie auf der Schwelle ihres Hauses. “Sie sagten, sie wollten uns helfen. Aber wir fragten uns, ob sie nicht ihren eigenen Vorteil suchten. Nun aber denke ich, wir sollten uns auf ihre Ideen einlassen.”

Einige davon zeigt Projektleiter Esrael Asfaw auf: “Halea Tadschi kann an unserem Kleinkreditprogramm teilnehmen.” Ihr Gehöft liegt verkehrsgünstig an einer Schotterstraße, es kommen viele Fußgänger auf ihrem Marsch in die Stadt daran vorbei. “Mein Traum war es schon  immer,  einen  kleinen  Laden  aufzumachen, aber bislang fehlte mir immer das Startkapital für den Einkauf von Waren des täglichen Bedarfs”, sagt sie. Oder sie könnte mit dem Kredit Vieh kaufen, mästen und mit gutem Verdienst  veräußern.  “Die Menschen sind fleißig. Aber ihnen fehlten bislang die Bedingungen, etwas aus ihrem Fleiß zu machen”, erklärt Projektleiter Esrael Asfaw. “Wir zeigen ihnen Wege auf, sich selbst aus der Armut herauszukämpfen.”

Go To Up