Das sichere Korn

Projektgebiet: Dano
Schwerpunkt: Landwirtschaft

Was nützt die beste Ernte, wenn sie bei der Lagerung wieder verloren geht? Mit Kornspeichern verhilft Menschen für Menschen Landwirten im Projektgebiet Dano zu langfristiger Ernährungssicherheit.

Es waren kleine Tierchen, die Abera Hurisa noch vor wenigen Jahren das Leben schwer machten. Ratten und Mäuse, die in seinen Getreidespeicher eindrangen und sich an der mühsam eingeholten Ernte satt fraßen. Und dann noch die nur wenige Millimeter messenden Rüsselkäfer: Einmal im Inneren des Speichers, ernährten sie sich von dem Getreide. Die Käferweibchen legen jeweils Hunderte Eier in die Körner, die Larven höhlten das Korn daraufhin nach und nach aus, verunreinigten es und machten Aberas Getreide unbrauchbar.

20 Prozent der Ernte gehen verloren

Die Eindringlinge hatten ein leichtes Spiel: Aberas Kornspeicher, aus dünnen Ästen erbaut, stand direkt auf dem Boden. Das Korn war dadurch nicht nur den Tieren, sondern auch hoher Feuchtigkeit ausgesetzt und verdarb schnell.

Der neunfache Familienvater lebt zusammen mit seiner Frau, drei Töchtern und einem Enkelsohn im Dorf Bake Sirba im Projektgebiet Dano. So wie ihm geht es vielen Bauern und Bäuerinnen. Nach Schät­zungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gehen in Äthiopien 20 Prozent des Getreides nach der Ernte verloren. Ein großer Teil durch die schlechte Lage­rung. Das bedroht die Ernährungssicherheit im Land, denn die Vorräte der Familien reichen so kaum über die Trockenzeit und erst recht nicht bei Missernten oder wenn es zu einer schlimmen Dürre kommt.

Nachhaltige Landwirtschaft und Ernährung

In Äthiopien leben sieben von zehn Menschen von der Landwirtschaft. Aufgrund der einseitigen Bewirtschaftung des Ackerlandes sind viele Böden ausgelaugt, Bodenerosion zerstört wichtige Anbauflächen, es fehlt an Saatgut und ausrei­chend Bewässerung. Zusätzlich geht ein Teil der ohnehin mageren Ernte durch die Lagerung in traditionellen Kornspeichern verloren. Um die Situation nachhaltig zu verbessern, setzen wir in unseren Projektgebieten auf mutige Modell-farmer und schulen sie darin, ihren Betrieb produktiver zu machen. Ihre schnellen Erfolge überzeugen und fördern zahlreiche Nachahmer.

Einfache Veränderungen mit großer Wirkung

Menschen für Menschen zeigt den Landwirten daher, wie sie Kornspeicher errichten können, in denen ihr Getreide sicher lagert: Aberas neuer Speicher steht erhöht auf vier Holzstämmen. Um sie hat der 64-jährige Landwirt pilzförmige Schutzbleche gelegt. Sie verhindern, dass Nagetiere zum Getreide­speicher emporklettern. Auch die Feuchtigkeit lieben­ den Rüsselkäfer werden so eher abgehalten. Ein Wellblechdach schützt vor Regen und Dreck. Abera lagert Mais und Sorghum in zwei Kammern, die er über eine Öffnung am oberen Teil des Kornspeichers befüllen kann. Über kleine Klappen an der Seite ent­nimmt er das Getreide.

Seit über fünf Jahren arbeitet Abera mit Menschen für Menschen zusammen. Zunächst bekam er von der Äthiopienhilfe Kaffeesetzlinge sowie Kohl-und Sojabohnensamen. Ein Entwicklungshelfer der Stiftung erklärte ihm, wie er alles auf seinem Feld anordnen sollte, um einen hohen Ertrag zu erreichen. Als er Abera dann zu dem neuen Kornspeicher riet, war dieser sofort überzeugt. “Ich ahnte, dass mich das einen großen Schritt weiterbringen würde”, sagt er.

Das meiste, was er für den Bau brauchte, wie Holz, Äste und Lehm, gab es vor Ort. Anderes, wie die Nägel, die Schutzbleche, die Klappe zur Entnahme des Getreides und die Zementmischung, mit der er die Beine des Speichers fixierte, erhielt er für einen geringen Betrag von der Äthiopienhilfe.

Aberas neuer Kornspeicher: Hier bleibt das Getreide trocken und icst sicher vor Nagetieren.

Abera und seine Familie werden zu Vorbildern

Während Abera und seine Familie die Sorghum­hirse aus dem Kornspeicher bis heute vor allem für den Eigenbedarf, zum Beispiel zur Herstellung des äthiopischen Fladenbrots Injera nutzen, verkauft der Landwirt einen Großteil seines Maises auf dem Markt. Insgesamt verdient er damit heute je nach Erntesai­son umgerechnet zwischen 170 bis 280 Euro. Zu­sätzlich hat er mit seinen zuletzt geernteten Sojaboh­nen – etwa 150 Kilo – auf dem Markt weitere 1.500 äthiopische Birr, umgerechnet etwa 42 Euro, verdient.

“Unser Leben ist viel besser geworden”, sagt Abera und lacht.

Viele der Landwirte aus der Nachbarschaft haben erfahren, dass Abera kaum mehr Getreide verliert und sind neugierig geworden. “Sie besuchen mich und schauen sich den Speicher genau an”, sagt er. “Einige nehmen sogar Maß.” Abera ist stolz, anderen ein Vorbild zu sein, und schaut inzwischen optimis­tisch in die Zukunft. Dazu hat vieles beigetragen, nicht zuletzt das Solarpanel auf seinem Dach, zu dem ihm die Äthiopienhilfe verholfen hat. Früher nutzte die Familie nach Sonnenuntergang eine alte Petroleum­lampe, ihr giftiger Rauch brachte alle zum Husten. Heute haben sie eine akkubetriebene Leuchte. “Unser Leben ist viel besser geworden”, sagt Abera und lacht.

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