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Frau am Herd

Auf eigenen Beinen stehen

Projekt: Abdii Borii Kinderheim
Schwerpunkt: Einkommen

Im Abdii-Borii-Kinderheim von Menschen für Menschen wachsen Waisen in behüteten Verhältnissen auf. Die Stiftung unterstützt sie auch bei ihrer Berufsausbildung, damit sie ein eigenständiges Leben führen können.

Tritt man durch das Tor des Heims, ist man an einem Ort des Friedens. Eine Allee von Magnolien führt zu den Häusern, man sieht Blumen und Gemüsebeete. Und überall spielen, schwatzen und lachen Grüppchen von Kindern. Im Abdii-Borii-Kinderheim in der Kleinstadt Mettu leben 77 Jungen und 77 Mädchen aller Altersstufen. Manche haben schlimme Erinnerungen an durch extreme Armut zerrüttete Familien, an das Leiden und den Tod von Vätern und Müttern, die oft nach langer Krankheit starben. Die meisten Waisen können sich aber nicht an ihre Eltern erinnern, sie kamen bereits als Babys oder Kleinkinder in das Heim von Menschen für Menschen. Sie wohnen in familienähnlichen Gruppen zusammen, die von Hausmüttern geleitet werden. Fragt man die Kinder und Jugendlichen, was sie am meisten schätzen an ihrem Zuhause, erhält man immer wieder die gleichen Antworten: Gemeinschaft, Geborgenheit – und die Möglichkeit zu lernen. Und wie alle Teenager träumen sie von der Zukunft.

Die Konkurrenz ist groß

Doch welche Zukunft ist realistisch? Mit 18 sollen sie das Heim verlassen und lernen, auf eigenen Beinen zu stehen, damit neue Waisen aufgenommen werden können. Die Wirtschaft Äthiopiens verfügt nur über wenige Unternehmen. Es herrscht große Konkurrenz um die Ausbildungs- und Arbeitsplätze für die starken jungen Jahrgänge. „Abdii Borii“ heißt zu Deutsch „Hoffnung auf morgen“.

Lässt sich dieses Versprechen in einem der ärmsten Länder der Welt erfüllen? Jomo, ein Vorort von Addis Abeba, zwölf Autostunden vom Heim entfernt: Wie überall rund um die Hauptstadt sind hier drei- und vier stöckige Apartmenthäuser aus dem Boden geschossen. Über die Schotterstraßen zwischen den Neubauten trotten Kühe auf der Suche nach Küchenabfällen. Im ersten Stock eines der neuen Häuser hat ein Restaurant eröffnet, das „Isaak“. Am Herd wirbelt Ayantu Jemal. Vor über einem Jahr hat die 18-Jährige das Abdii Borii-Heim verlassen.

Die Äthiopienhilfe hatte ihr eine Ausbildungsmöglichkeit in der Hauptstadt verschafft: Ein Jahr lang machte sie am „Catholic Archdiocese Women’s Promotion Centre“ eine Ausbildung zur Köchin. Nach erfolgreichem Abschluss trat sie vor zwei Monaten ihre erste Stelle im „Isaak“ an. Jeden Tag kocht sie für rund 30 Gäste. Besonders bei ihrem Doro Wot, scharf gekochtem Hühnchen, schnalzen die Esser mit der Zunge. „Ich mag die Arbeit sehr“, sagt die junge Frau. „Ich bekomme Trinkgeld und viel Lob von den Gästen: Deshalb macht mir die Arbeit Spaß.“

Wechselbad der Gefühle

Wichtig für den Erfolg ist wohl, dass die Kinder bereits im Abdii Borii-Heim lernen, Verantwortung zu übernehmen. Mithilfe ist selbst verständlich. Auch Grundschulkinder machen die Betten selbst und putzen ihre Zimmer. Die Älteren arbeiten im Gemüsegarten. Für die Kleineren sorgen sie wie große Geschwister. Aus dem Abdii Borii-Heim wegzugehen, ist wohl für alle Kinder ein Wechselbad der Gefühle.

Mädchen vor Posterwand
Etaferahu Abera möchte Tradition und Moderne miteinander kombinieren, um Neues zu schaffen… Dafür absolviert die 20-Jährige eine Ausbildung zur Schneiderin und Textildesignerin

“Einerseits hatte ich Angst. Andererseits war ich aufgeregt und voller Erwartung auf die Welt”, sagt Etaferahu Abera. Sie ist eine der derzeit 23 ehemaligen Abdii Borii-Kindern, die gerade eine Ausbildung an staatlichen oder privaten Berufsschulen durchlaufen. 14 weitere stu dieren an verschiedenen Universitäten des Landes. Etaferahu macht an der gleichen Einrichtung, an der Ayantu Köchin lernte, eine Ausbildung zur Schneiderin und Textildesignerin. Menschen für Menschen trägt die Kosten der Ausbildung und bezahlt der 20-Jährigen eine monatliche Unterstützung für Essen und Miete.

Zur Abschlussfeier von Ayantus Jahrgang hat Etaferahu Kleider entworfen und geschneidert. Sie interpretierte die seit alters her verwendete Festtracht aus ungefärbter Baumwolle neu: Mit Hilfe von eingearbeiteten Drähten wurden daraus elegante Kleider. „Meine Inspiration bekomme ich, wenn ich ausländische Sender im Satelliten-TV sehe“, erzählt Etaferahu.

Mädchen beim Abschlussball in selbstentworfenem Kleid
Etaferahu hat eigens für ihren Abschlussball ein Kleid designt.

„Immer versuche ich, traditionelles Design und westliche Styles zu kombinieren, so dass etwas Neues entsteht.“ Irgendwann möchte sie mit dieser Kombination „auch international erfolgreich sein“. Eta ferahus Kreationen auf den Laufstegen in Europa? „Vielleicht klappt es, vielleicht nicht“, sagt Etaferahu. Auf jeden Fall wolle sie eine eigene Werkstatt in Addis Abeba aufmachen: „Dann kann ich auf eigenen Beinen stehen und auch anderen jungen Schneiderinnen und Designerinnen mit einem Arbeitsplatz helfen.“

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