Im Mentig Gedam Kloster in den Bergen Ankobers Glaubensgemeinschaft Mentiq Gedam.

Glaubensgemeinschaft Mentiq Gedam: Zusammen beten, leben, arbeiten

04
Mai 2025

Land & Leute

Aba Kidane Mariam Haileselassie ist 79 Jahre alt. Barfuß, in einem abgetragenen beigen Mantel, wirft er mit einer Mistgabel Weizen in die Höhe. Ein Regen aus Spreu und Körnern rieselt auf ihn und seine Mitstreiter hinunter. „Jeder, der noch kann, fasst bei uns mit an“, erklärt er. „Bei der Ernte, beim Aussähen, Tiere hüten, beim Melken oder Kochen.“ Seit über 50 Jahren leitet Aba Kidane die Glaubensgemeinschaft Mentiq Gedam.

„Haus Israels“ in den Bergen Ankobers

Durch ein Tor aus Holz betritt man das Gelände, das auf einem Hügel in den abgelegenen Bergen Ankobers thront. Etwas über 80 Menschen leben in den alten Gebäuden, Frauen und Männer getrennt. Es gibt eine Gemeinschaftsküche, einen Raum zum Beten. Die Gläubigen, meist weit über 60 Jahre alt, sind äthiopische Juden. Sie nennen sich „Beta Israel“, amharisch für „Haus Israels“. „Unsere Vorfahren kamen einst aus Jerusalem. Es waren unterschiedliche Stämme, die sich über Äthiopien verteilten“, erklärt Aba Kidane. Unter Experten ist die Herkunft der „Beta Israel“ umstritten. In der Vergangenheit wurden sie in Äthiopien immer wieder verfolgt und unterdrückt. Viele gingen zurück nach Israel. Die Gemeinde in Ankober blieb.

Die Mitglieder teilen sich alles: „Das Essen, die Kleidung, die Arbeit“, sagt Aba Kidane. Eigenes Einkommen oder persönlichen Besitz gibt es nicht. Entscheidungen werden gemeinsam getroffen. Neben den älteren Gläubigen rennen Kinder über die schmalen Wege des Geländes. Einige von ihnen besuchen ihre Großeltern, doch die meisten sind Waisen.

Der 75-jährige Aba Kidane leitet das Mentig Gedam Kloster.
Der 79-jährige Aba Kidane leitet seit über 50 Jahren die Glaubensgemeinschaft Mentiq Gedam in Ankober.

Die Gemeinschaft nimmt sie bei sich auf, zieht sie groß. „Jeder im Bezirk weiß, dass wir uns um sie kümmern“, erklärt Aba Kidane. Die Glaubensgemeinschaft lebt in ärmlichen Verhältnissen. Sie bauen Weizen, Teff, Sorghum und etwas Gemüse an. Geld verdienen sie hauptsächlich durch den Handel mit Hopfen und durch Spenden. Oftmals reicht es nicht, um alle Kinder zur Schule zu schicken. Die Mitglieder der Gemeinschaft sind für ihr Handwerk berühmt: Während die Frauen töpfern oder Textilien weben, schmieden die Männer landwirtschaftliche Gerätschaften oder stellen Schmuck her. „Wir wollen die Menschen hier dabei unterstützen, mehr daraus zu machen“, erklärt Misaw Atalay, stellvertretender Projektleiter in Ankober. „Das Wissen haben sie, es wird über Generationen weitergegeben. Nun geht es darum, wie sie ihre Handwerkskunst besser vermarkten können.“ Aba Kidane hofft, dass sich die Lebenssituation der Gemeinschaft durch die Zusammenarbeit mit Menschen für Menschen verbessert. „Damit dieser heilige Ort noch lange überlebt.“

Gebäude der Glaubensgemeinschaft Mentiq Gedam.
Rund 80 Menschen leben in der Glaubensgemeinschaft Mentiq Gedam.
Jung und alt helfen einander, beten, arbeiten und leben zusammen in der Glaubensgemeinschaft Mentiq Gedam.
Jung und alt helfen einander, beten, arbeiten und leben zusammen.

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