Lächelnde Frau mit blauem Kopftuch wäscht Wäsche im Freien neben einem rustikalen Holzhaus.

Vom Leid erlöst

Vom Leid erlöst

Dank einer gynäkologischen Operation

Gynäkologische Erkrankungen wie ein Gebärmuttervorfall sind im ländlichen Äthiopien bis heute ein Tabuthema. Das Schweigen und die fehlende frühzeitige Behandlung verschlimmern jedoch die Situation der Frauen. Menschen für Menschen klärt auf und organisiert in den Projektgebieten dringend benötigte Operationen.

Ein stilles Leiden: Leben mit einem Gebärmuttervorfall

Askale Abba war trotz langer Wartezeit nervös, als sie im Gesundheitszentrum der Kleinstadt Zefine im Projektgebiet Boreda zur Untersuchung erschien. Die 50-Jährige hatte große Schwierigkeiten mit alltäglichen Bewegungen wie Sitzen, Stehen und Gehen. Eine Krankenschwester beruhigte sie einfühlsam vor der Untersuchung. Askale litt an einem fortgeschrittenen Uterusprolaps – einem schmerzhaften Gebärmuttervorfall, bei dem das Organ aus der Vulva tritt. Die Erkrankung kann zu Blasenschwäche und Infektionen führen. Ursachen sind oft schwere körperliche Arbeit über Jahre, genetische Veranlagung und viele unbegleitete Hausgeburten.

Nach der Geburt ihres siebten Kindes verspürte Askale erstmals Schmerzen und Druck im Unterleib, ignorierte sie jedoch – auch weil ihr Neugeborenes bald darauf verstarb, wie bereits vier ihrer Kinder zuvor. Die Trauer verdrängte sie gemeinsam mit ihrem Mann durch harte Feldarbeit. Fünf Jahre später starb auch ihr Ehemann, woraufhin Askale alle Aufgaben allein bewältigen musste. Dabei wurden die schmerzhaften Krämpfe, der Druck im Unterleib fast so stark wie Wehen, begleitet von Blutungen, die sie sich nicht erklären konnte. Aus Scham sprach sie mit niemandem darüber – nicht einmal mit ihrer Tochter.

Gynäkologische Erkrankungen sind in großen Teilen der äthiopischen Gesellschaft noch immer ein Tabu-Thema, ganz besonders in ländlichen Regionen wie Askales Heimatdorf Gurame Welko, 400 Kilometer südlich von Addis Abeba. Statt ärztliche Hilfe zu suchen, versteckte sie ihre Symptome, mied soziale Kontakte und zog sich immer mehr zurück. Die psychische Belastung wuchs, sie fühlte sich zunehmend allein und verzweifelt.

Sensible Beratung

Die erste Person, der Askale von ihrem Leiden erzählte, war Tsehay Barza. Die 35-Jährige arbeitet als Gesundheitsmitarbeiterin der Regierung und ist für Hausbesuche in Gemeinden, darunter Gurame Welko, zuständig. Seit 14 Jahren informiert sie die Bevölkerung über gesunde Ernährung, Hygiene und Infektionskrankheiten und unterstützt Ehepaare bei der Familienplanung. Erst vor drei Jahren erfuhr Tsehay selbst vom Uterusprolaps und klärt seither gezielt darüber auf. Zur besseren Sensibilisierung des Gesundheitspersonals organisiert Menschen für Menschen Schulungen in Zefine, bei denen Fachkräfte wie Tsehay über Ursachen, Stadien und Behandlungsformen der Krankheit lernen.

Tsehay Barza ist Gesundheitsmitarbeiterin der Regierung im Dorf Gurame Welko.

Tsehay kennt inzwischen Übungen zur Stärkung des Beckenbodens und gibt Verhaltensempfehlungen zur Vorbeugung. In schweren Fällen wie bei Askale organisiert sie gemeinsam mit der Stiftung OP-Termine in größeren und besser ausgestatteten Kliniken. Menschen für Menschen übernimmt die Kosten der Operation, die sich auf rund 75 Euro belaufen. Ebenfalls wird der Transport und die Verpflegung übernommen. Über 80 Frauen wurden bereits operiert, einige jünger als 30 Jahre. Je nach Alter, Stadium der Krankheit und erneutem Kinderwunsch kann die Gebärmutter mit einer Art Netz fixiert oder aber vollständig entfernt werden. Nach dem Eingriff müssen die Patientinnen auf sich achten, um Rückfälle zu vermeiden – etwa durch den Verzicht auf schwere körperliche Arbeit. Und bei einer erneuten Schwangerschaft unbedingt im Beisein von geschultem Personal entbinden. Sonst steige die Gefahr, dass sich die Gebärmutter erneut senkt.

Drei Frauen in einem Büro, zwei hinter einem Schreibtisch und eine ihnen gegenüber sitzend.
Vor der Operation: Askale Abba kommt für ihre Untersuchung in das Gesundheitszentrum in Zefine.
Erwachsene, die in einem Klassenzimmer sitzen und während einer Unterrichtsstunde zuhören und Notizen machen.
Weiterbildung: Tsehay Barza und weiteres Gesundheitspersonal lernen über die weibliche Anatomie.

Betroffene überzeugen

Menschen für Menschen setzt an der Wurzel des Problems an. Indem die Stiftung holzsparende Öfen bereitstellt, bei der Familienplanung berät oder Gesundheitszentren modernisiert, werden Frauen vom Tragen des schweren Feuerholzes befreit, bekommen insgesamt weniger Kinder und gehen freiwillig zur Geburt ins Klinikum.

Askales Operation ist nun fünf Monate her. Sie freut sich sehr, wieder schmerzfrei zu sein und alltägliche Aufgaben wie Essen zubereiten bewältigen und vor allem wieder an allen Dorfaktivitäten teilnehmen zu können. Besonders glücklich macht sie, dass sie unbeschwert Zeit mit ihrer Enkeltochter verbringen kann und ihre Schmerzen und den Frust nicht mehr vor ihr verstecken muss.

Askale freut sich, dass sie nach der OP wieder unbeschwert mit ihrer Enkelin spielen kann.

Doch ihr persönliches Glück allein reicht nicht aus. Askale spricht offen über ihre Erfahrung, um andere Frauen zu ermutigen, Hilfe zu suchen. Gemeinsam mit der Gesundheitsmitarbeiterin Tsehay konnte sie bereits fünf betroffenen Frauen den Weg zur Behandlung ebnen – und sie will weitermachen, damit keine Frau wie sie ihr Leid still ertragen muss.

So einfach ist es, zu helfen

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