Ein lächelnder Mann mit lockigem Haar und Bart im Anzug, im Freien, steht für eine glückliche Spenderunterstützung.

„Weiteratmen!" Ein Gespräch mit Eckart von Hirschhausen

24
Sep. 2025

Aktuelles

Dr. Eckart von Hirschhausen (Jahrgang 1967) studierte Medizin und Wissenschaftsjournalismus. Seine Spezialität: medizinische Inhalte auf humorvolle Art zu vermitteln – als Autor oder als Keynote Speaker. 2020 gründete er die Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen und veröffentlichte das Buch „Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben“. Sein aktuelles Buch trägt den Titel „Der Pinguin, der fliegen lernte“. Eckart von Hirschhausen ist Ehrenmitglied der Fakultät der Charité, Mitglied im Nachhaltigkeitsbeirat des Landes Nordrhein-Westfalen, im Club of Rome und Honorarprofessor in Marburg. Er lebt in Berlin, ist verheiratet, evangelisch und gibt die Hoffnung auf positive Veränderungen nicht auf.

 

Was bedeutet es für Sie, ein gutes Leben zu führen?

Gesundheit beginnt nicht mit einer Tablette, einer OP oder einem MRT. Gesundheit beginnt mit der Luft, die wir atmen, dem Wasser, das wir trinken, Pflanzen zum Essen, erträglichen Temperaturen und einem friedlichen Miteinander. Jeden Tag sehen wir in den Nachrichten, dass alle fünf Lebensgrundlagen akut in Gefahr sind und keine davon wird sich von selbst wieder verbessern. Gleichzeitig gilt: Mit schlechter Laune retten wir die Welt nicht. Uns alle eint der Wunsch nach Gesundheit. Die Klimakrise ist das größte Gesundheitsrisiko unserer Zeit. Oder positiv ausgedrückt: Klimaschutz ist Gesundheitsschutz. Wer das erkannt hat, versteht auch: Das Teuerste, was wir jetzt tun können, ist nichts.

Was macht Ihnen Hoffnung?

Es gibt einiges, was mir Hoffnung macht – die nächste Generation zum Beispiel. Sie denkt viele Themen mit größerer Selbstverständlichkeit und globaler als wir Älteren. Und das nicht nur in der Politik, sondern auch im privaten Umfeld: Bei Diskussionen zu Hause am Küchentisch etwa, fordert die junge Generation regelrecht ein, dass wir Boomer jetzt auch mit anpacken und uns für mehr Klimaschutz einsetzen. Diese Entwicklung ist in den letzten drei Jahren viel weiter vorangeschritten als in den vergangenen 30 Jahren. Ich wünsche mir für die nächste Generationen, dass wir die Klimakrise und das Artensterben beenden, denn gesunde Menschen gibt es nur auf einer gesunden Erde.

Was löst bei Ihnen immer wieder aufs Neue Begeisterung aus?

Wenn bei einem Live-Abend etwas passiert, das weder das Publikum noch ich ahnen konnte: eine spontane Idee, ein unerwarteter Lacher, eine Interkation. Diese Momente sind unbeschreiblich und auch durch keine digitale Form einzufangen.

Welchen Traum würden Sie sich gerne erfüllen?

Tatsächlich frage ich mich heute: Wie will ich in Erinnerung bleiben? Wer möchte ich gewesen sein? Die Schimpansen-Forscherin Jane Goodall hat mich darauf gebracht, dass wir Menschen den Tieren eines voraushaben: Wir können uns verabschieden. Das klingt banal, ist aber revolutionär. Nur die Menschen haben eine Vorstellung von dem, was sie hinterlassen werden und was Zukunft heißt. Das bedeutet aber auch: Wenn wir uns nicht um die Zukunft kümmern, dann wird es kein anderer tun. Und darauf möchte ich in meiner verbleibenden Lebenszeit die Priorität setzen.

Was war der beste Rat, den Sie jemals bekommen haben?

Ich habe eine sehr kluge Klimawissenschaftlerin kürzlich gefragt: Wie hältst du es aus, das zu wissen, was du weißt? Nach einem kurzen Moment sagte sie: Zum Verzweifeln haben wir keine Zeit. Das, finde ich, ist eine sehr gute Haltung.

Gab es einen Moment in Ihrem eigenen Leben, in dem Sie gemerkt haben: Ich war all die Jahre am falschen Ort?

Ich möchte keinen Tag der Ausbildung, der Auslandspraktika oder auch der klinischen Tätigkeit in der Kinderneurologie in der Charité Berlin missen. Leben kann man nur vorwärts, verstehen kann man es nur rückwärts. Ich bin allerdings als kreativer Mensch nicht so gut in Routinetätigkeiten. Eine meiner Stärken ist aber, beim freien Erzählen auf neue Gedanken zu kommen. Die Neugier für Menschen, für das Zusammenspiel von körperlicher und seelischer Gesundheit, für Heilung, wenn man so will, habe ich bis heute. Ich habe nur die Spielwiese gewechselt.

Was hat Ihre persönliche Sicht auf Glück in den letzten fünf Jahren am stärksten verändert?

Meine Stiftung Gesunde Erde Gesunde Menschen! Jedem denkenden und fühlenden Menschen ist doch klar, dass ein Baum, der wächst, gedeiht, atmet, Wasser aufnimmt und wieder verdunstet, damit kühlt, Schatten spendet, vor Erosion schützt, Brutgebiet und Kohlenstoffspeicher zugleich ist – nicht mehr wert wird, wenn man ihn abholzt und in Bretter schneidet. Ob eine Aktie in 10, geschweige denn in 20 Jahren noch werthaltig ist, kann niemand vorhersagen. Aber die letzten Gebiete mit zusammenhängender artenreicher Natur und gesunder, unversiegelter Böden werden immer kostbarer. Naturschutz ist für mich Gesundheitsschutz.

Für was in Ihrem Leben sind Sie am dankbarsten?

„Wie schön, dass du geboren bist – wir hätten dich sonst sehr vermisst“ .

Wenn Sie für fünfzehn Sekunden die Aufmerksamkeit der ganzen Welt hätten, was würden Sie dann tun oder sagen?

„Weiteratmen!“

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