Ein Mann steht vor einer strohgedeckten Hütte, hinter der er Berge und Bäume sieht.

Die Kunst, ein Haus zu bauen: robuste Hütten aus Bambus und Co.

17
Nov. 2025

Aktuelles

Bald ist es soweit. In rund einem Monat können Bereket Borsa, seine Frau und ihre zwei Kinder in ihr neues Zuhause einziehen. Die Wände stehen bereits, das Dach ist gedeckt. „Jetzt ist der Innenausbau dran“, sagt der 28-Jährige. „Es fehlen Trennwände, Stühle und Regale.“

 

Während viele Häuser in Äthiopien, wie auch bei uns, rechteckig sind, ist Berekets Neubau rund. So wie alle Hütten in Zirqo, einem Dorf in den grünen Bergen oberhalb des Chamosees im Süden Äthiopiens. Ihre Bauweise beruht auf Rohstoffen, die in der Umgebung wachsen: Bambushalme und -fasern werden kunstvoll miteinander verflochten und mit Blättern der Ensetepflanze, der sogenannten „falschen Banane“, gedeckt. So entstehen robuste Hütten, in denen Familien mehrere Jahrzehnte leben können.

So wie in der aktuellen Bleibe von Bereket, die neben dem Neubau steht. Bereket wurde bereits darin geboren. Sein Vater hatte sie einst errichtet und ihm zur Hochzeit überlassen. Wind und Regen haben der Hütte jedoch zugesetzt, sein Dach neigt sich gefährlich, bei jedem Schauer tropft es hinein. „Es wird Zeit, dass alles fertig wird“, sagt Bereket und zeigt auf die Bambusstäbe, die im Garten für den Möbelbau lagern. „Bald fängt die Regenzeit an.“

Zwei strohgedeckte Hütten inmitten von Hügeln und Feldern.
Alt (l.) und neu (r.) - Bereket baut eine Hütte, die endlich wieder wetterfest ist.

Allein hätte der Landwirt, der Mais, Getreide und Ensete anbaut, den bisherigen Neubau nicht stemmen können. „Damit kenne ich mich nicht genug aus“, erklärt er. Bereket engagierte einen erfahrenen Handwerker – für Lohn und Material zahlte er umgerechnet etwa 200 Euro. Fünf Monate ist auf seinem Grundstück mittlerweile Baustelle. Immer wieder blieben Nachbarn und Passanten zuletzt auf der Straße neben seinem Haus stehen, lobten ihn für den Fortschritt. „Das macht mich ziemlich stolz.“

Tradition und Architektur sind nicht nur in Zirqo eng verbunden. Auch die Häuser der Dorze, die nicht weit entfernt leben, zeugen von der Geschichte und Kultur des Stammes. Bis zu zwölf Meter hoch ragen ihre kuppelförmigen Hütten aus Bambus und Ensete in den Himmel. Mit ihren seitlichen Ausbuchtungen und kleinen Fenstern erinnern sie an einen Elefantenkopf – mit Rüssel, Ohren und Augen.

Innenansicht der Bäckerei Die Enat, Harar: rundes Strohdach, Holzbalken, zentraler Stützpfeiler sichtbar.
Tradition trifft Alltag: Blick in Berekets neues Zuhause.

So wollen sich die Dorze an die Tiere erinnern, die hier einst mit ihnen lebten. Und locken damit Besucher aus aller Welt an. Sie staunen über die „Elefantenhäuser“, probieren Ensete-Brot oder kaufen handgewebte Stoffe. Gut für den Geldbeutel der Dorze und für das Fortleben einer Handwerkskunst. Die möchte auch Bereket am Leben erhalten. „Meinen Kindern werde ich später ebenfalls ein solches Haus bauen.“

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