Menschen in leuchtender äthiopischer Kleidung spielen Feldhockey in einer farbenfrohen Illustration.

Sportliche Tradition: weihnachtliches Hirtenhockey

04
Dez. 2025

Äthiopien Wiki

Weihnachten ist ein Fest der Bräuche und Erzählungen, auch in Äthiopien. Eine Legende besagt, dass es Hirten im Hochland waren, die eine der wichtigsten Festtagstraditionen und zugleich die älteste Sportart des Landes erfanden: „Genna“, eine Art Feldhockey. Als sie von der Geburt Jesu erfuhren, waren die Schäfer außer sich vor Freude. Sie kamen zusammen und begannen, übermütig mit ihren Hirtenstöcken gegen einen Ball zu schlagen.

 

Der Brauch hat vor allem im ländlichen Äthiopien bis heute überdauert. Jedes Jahr um die Weihnachtstage, die nach dem Kalender der äthiopisch­-orthodoxen Kirche in den Januar fallen, treffen sich Jungen und Männer zum Wettkampf. Zum Auftakt stehen sich zwei von ihnen gegenüber, klopfen ihre Schläger drei Mal aneinander. Das Spiel beginnt. Der Schnellere ergattert den ersten Schlag auf den Ball. In der nächsten Stunde rennen die Spieler über die Grasfläche, klauen sich gegenseitig den Ball, schreien und schimpfen, jubeln und versuchen so viele Tore wie möglich für ihr Team zu erzielen.

Mindestens sieben Spieler bilden eine Mannschaft. Wie einst die Hirtenstäbe sind ihre Schläger aus Holz, meist Eukalyptus. Der Ball, aus einer Wurzel geformt, ist mit bunten Malereien verziert. So ist er im Gras besser erkennbar. Gespielt wird auf offenem Feld. Die grasenden Kühe zu umspielen, ist eine Herausforderung. Auch sonst ist das Hockeyspiel nicht ungefährlich: Häufig verletzen Spieler mit ihren harten Schlägern unabsichtlich ihre Mitspieler. Ein falsch getroffener Ball landet statt im Tor im Gesicht des Kontrahenten. Doch kleine Verletzungen nehmen die jungen Männer in Kauf, um den Sieg ins eigene Dorf zu bringen und die Tradition zu erhalten.

Im Kreis der Liebsten

Das sportliche Spiel ist nicht das einzige Weihnachtsritual in Äthiopien: Am Abend des 6. Januar versammeln sich die Menschen, eingehüllt in handgewebte, ungefärbte Baumwollumhänge und im Schein dünner Bienenwachskerzen, zum Gottesdienst in der Kirche.

Am 7. Januar, dem eigentlichen Weihnachtsfest, das ebenfalls „Genna“ genannt wird, brechen sie im Kreis ihrer Liebsten ihr Fasten. Über 40 Tage haben die Gläubigen zuvor nur einmal täglich gegessen, auf Fleisch, Eier, Milch und Wein verzichtet. Als weihnachtliches Festessen servieren viele Familien dann das äthiopische Nationalgericht: Doro Wot – scharfer Hähncheneintopf.

Weiß gekleidete Kinder halten Kerzen und einen Becher und blicken nach vorne in einen warm erleuchteten Raum.
Auch im Abdii-Borii-Kinderheim genießen die Kinder die Weihnachtszeit bei Kerzenschein, gemeinsamem Gesang und Tanz.

Geschenke erwartet in Äthiopien übrigens niemand zu Weihnachten. Es sind Tage des Glaubens und des Beisammenseins: Ob im Kerzenschein in der Kirche, beim Festtagsessen oder ausgelassenen Hockeyspiel ist es das Wichtigste, die Feierlichkeiten inmitten von Freunden und Familie zu verbringen. „Melkam Genna“ – Frohe Weihnachten!

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